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Grabgeflüster

20.10.2013

Hauptfriedhof, Frankfurt am Main

Der überflüssigste aller überflüssigen Menschen,
ein Balkan-Bonze, hat es wohl vermocht,
an der Eckenheimer Mauer –
Adornos von seiner hiesigen Negativistensekte,
omen est nomen, wie sollt es anders sein,
NICHT gepflegtes Grab ist gar nicht weit –
aufzurichten ein Protzmal seinem Leichnam,
ein kitschig Weihtum seiner Eitelkeit:

In einer Kapelle, woʼs hinter Butzenscheiben glimmt,
schwebt über einem Talmi-Altar
des Verblichnen riesiges Porträt –
ein feister Pascha, umspannt
von seidner Staats- und Amtesschärpe –
selbstverliebt in die Ewigkeit glotzend:

Du sollst noch vor der Leiche knien
wie im Leben Weib und Kind vor seinem Pansen.
Inmitten des Altars steht – o nein, kein Kruzifix –
eine kolossale Champagnerflasche,
für dieses Lebens frohe Idiotie
Symbol und Echtheitssiegel.

Auf Schopenhauers Grabesplatte
liegt eine schüchterne Kastanie,
von dem Verehrer putzig appliziert.
Arthur Hübschers abgemarktetes Leichenfeldchen
ist von wilden Kräutern zugewuchert.

Die große Jünglingsbronze am Portal
taumelt stehend in den ewigen Schlaf –
die schweren Hände schaufeln letzten Traum.

Die blinden Augen sind nach innen aufgetan
der allerlösten Leere,
in die ein Jenseitssturm zerstreut,
aller Wiederkünfte bar,
den ausgeträumten Sternenstaub.

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