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Mars

21.03.2022

Er spaltet wie ein Blitz den Schlaf der Völker.
Er ist die Wildnis wirr gerankter Schatten
an Zaun und Pfahl, die unter seinem Pfiff,
die unter seinem Aufschrei knirschend brechen.
Bluttau am Morgen, Schorf im Abendrot,
aus Rosen tropfend Blut, aus Rosen Flammen.
Er ist der Gott, ein Knie aus Erz zu wühlen,
die bronzene Hand in ein Hornissennest,
und Funkenschwirren ist sein trunknes Lied,
gespien aus schwarzem Schlunde Aschenflug.
Er nimmt zum Panzer sich des Mannes Brust,
worin der Schnabel einer Krähe hackt,
das Herz versank im Moor der Eingeweide.
Er nimmt zur Maske sich das Mannsgesicht
und setzt ihm Augen ein aus grünem Glas,
worin der rote Mohn des Acheron
sich widerspiegelt, und der ätzt, sein Schaum.
In seine Stirn ritzt er das Ruhmessiegel,
die Krallenrune, die obszön sich spreizt,
doch seine Wangen tüncht er mit dem Saft
der Vogelbeere und die Lippen lüstern
wie einer Hure, die am Dreiweg fletscht.
Er hat zu heißen Kündern sich erwählt,
die unter Waffen tanzen, Salierpriester,
dumpf erdröhnen Schilde, hämmern Lanzen,
und purpurn das Gewand, es flattert geil,
wenn sie sich schütteln, wenn sie stampfen, aber
auch ihnen singt, der Blut getrunken, Vates.
Mars kann nicht schlafen, nimmt ihm auch den Helm
die Liebesgöttin ab vom Brand der Locken,
Helm, der unterm Mond im Grase glänzt
an ihren nackten Schenkeln eine Weile.
Er kann nicht schlafen, täuscht den Schlaf nur vor,
ein Wolf, der stumm im dichten Buschwerk lauert
und wittert schon von fern die Angst des Rehs,
im Geäst der Nacht die Schleiereule,
die ihre Augen rollt und plötzlich stürzt
auf stillen Schattenschwingen, die Grubenotter,
die noch in der Dunkelheit, gottloser,
das warme Blut des blinden Opfers sieht.
Und was wir Frieden nennen, betört vom Schauer,
den uns gebahnten Wassers grünes Seufzen
aufs müde Antlitz weht, ist nur die Frist
des kurzen Müßiggangs, bis seiner Egge
krumme Eisendornen der Krieg durch Wehr
und Dämme zieht, daß braune Fluten steigen
und mit sich reißen Wiege, Herd und Bild.
Dort kreist die nackte Puppe in den Strudeln,
und die ertrinkend nach der Gottheit rufen,
nie hält sie gnädig auf ein Sternenblick.
Fluten, lechzend über der Kapelle Stufen,
auf des Altares reine Zeichen spritzend.
Hinabgestürzt aus ihres Traumes Nische,
entflattert eine Taube in die Nacht
und findet keines Zweiges schmalste Rettung,
und findet keine Schwester sich zum Trost.
Muß Sapphos Taube sterben, Mars senkt manchmal
Samen in dunkler Erde Schoß, daß blühen
auf die Reiche, o Rom, ach Spree-Athen.

 

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