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Der Brickegickel

04.05.2013

Alte Brücke, Frankfurt am Main
Dem Andenken an Edwin Hüller

Wie oft fuhrst achtlos du vorbei.
Immer ging morgendlich-launisch dein Blick
westwärts der jungfräulichen Insel zu,
wo da und dort ein Schneelicht flockt:
Ein Schwanenpaar verteidigt tapfer Ufer und Brut.

Tief verschlammt, schwarz verkohlt, unter Kieseln,
Knochen und Schlick schläft der Gott.
Was könnte ihn wecken – nicht mal
der abgeschlagene Kopf eines Hahns,
der blutig ins Mainwasser klatscht.

Er wurde schon müde unter den Hufen und
Tritten der Schwadronen Karls,
als sie die Furt nach Sassenhusen nahmen.

Zittern befiel ihn angesichts der Brücke aus Holz,
Schwindel unter dem Schatten der Brücke aus Stein.
Und zürnte, vergaltʼs mit Eisgang und Flut,
mit Seuche und Feuersbrunst.

An der Richtstätte hat man sie gebunden,
die Gesetzlosen, an Händen und Füßen,
schob sie auf der Mitte der Alten Brücke
über ein Brett todwärts:
Hier reißt die Strömung gleich unter.

Der brechende Blick der jetzt Wissenden
umzuckte das barock umflorte Kreuz
und trank letztes Sonnengold vom Hahn,
der hochstieg in den trostlosen Himmel.

Der Flussgott schob das Lid eines Auges auf:
Einen Herzschlag labt er am Zucken des Elenden –
und klappt unwirsch wieder zu das Aug.

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