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Der Lauf des Tages

01.10.2021

Der Lauf des Tages, eingewoben
in einen Kranz ein schmaler grüner Zweig
und manchmal eine kleine Veilchenblüte,
zeigt uns den Sinn des Lebens ganz,
und wenn er sich zerstreut, hinweggetragen
auf tiefem See der Dämmerung ein Blatt,
sind wir es, die im Grenzenlosen uns entgleiten.

Schenkt dir die Frühe aber Schmelz und Tau,
tropft er an losen Fäden wie am Moos des Schlafs
vom Rande auf den Stein des Pfads hinab,
hat Unschuld deines Grußes frischer Mund.
Im jähen Blick des Kindes, das zur Schule eilt,
siehst du die Innigkeit des Lichts
wie einer Muschel Perlmuttglanz.

Du spannst mit tiefen Atemzügen
das vibrierende Glitzern deiner Zeilen
über einen dunklen Hof des Schweigens.
Du strickst das alte Muster fort
und flichst ein neues Wappentier hinein.
Du malst vorm Wasserspiegel eines lichten Traums
dein Bild mit irdenen Farben, Farben auch des Ozeans.
Und hast du heut ein Werk vollbracht,
schenkst du’s den sanften Blicken deiner Liebe.

Und mögt ihr zweisam in den Abend gehen,
wenn noch der Mohn um die Kapelle glüht
und rings die Ahnengräber dunkler sinnend grünen,
die Glocke des Gebets ist schon im Dunst verhallt,
wird euch, den kühlen Hauch zu fühlen,
von Sternenlicht erquickt,
der Erde herben Duft zu trinken,
der von den trockenen Kräutern müden Wachstums spricht.

Zum Ufer geht ihr rasch hinab,
dem Lied des Wassers hinzugeben,
was da blieb an ungesagtem Schmerz.
Was aber eine zarte Hand gepflückt,
einer scheuen Aster Leuchten,
schwimmt noch lange unter feuchten Funken,
bis wie ein Herz ins Herz es fern erlischt.

 

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