Traurige Distichen
Welche Quelle könnte mit Geist sie wieder behauchen?
Unterm Asphalt erstickt ihnen die Muse des Lieds.
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Einsam in düsterer Nische sinken dem Engel die Flügel.
Liebe entfachte sie einst, Wahn hat die Flamme gelöscht.
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Auf dem Denkstein die liebliche Inschrift willst gern du entziffern,
doch mit schmutziger Hand hat sie der Zeitgeist zerkratzt.
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Glocken haben der Kindheit Tage voll Ahnung durchflutet,
nun ward der liebliche Klang knirschender Sand dir im Schlaf.
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Damals hat zwischen tauigen Reben uns Bläue gelächelt,
heute trinkst du den Wein einsam am lichtlosen Ort.
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War die fröhliche Glut uns erweckt, wie sangen die Flammen,
was macht seufzen dich nun, Schwester, was feucht dir das Aug.
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Sterne der Jugend, die einst uns bahnten die Pfade,
der unsern Herzen entquoll, Nebel, er hat euch verhüllt.
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Als wir die Blüten streuten von Tulpen, Rosen und Veilchen,
war uns Kindern die Hand sanft, nicht von Mühsal verhornt.
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Deren Atem würzten der Gärten heimliche Düfte,
streicht der Zeitgeist das Wort Heimat im Tagebuch durch.
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Kräuter und Gräser sandten Aromen dem kindlichen Schlummer,
heut aber blaken im Traum Kerzen, und hell wird er nicht.
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Himmlische Bläue und Regen stillten das kindliche Sehnen,
trinkst du auch heimischen Wein, stirbt doch die Sehnsucht vor Durst.
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Augen der Borke, wild rauschende Wasser waren die Weiser,
grelle Bilder der Stadt führen ins Abseits dich stets.
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Schweifende Tiere der Wildnis, sonnentrunkene Adler –
arme Schoßhündchen, habt trostlosen Stein zum Revier.
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Wie denn könnte Eros zwischen Gas und Glas sich ergötzen,
lauscht er doch Schritten des Pan, seufzt unter ihnen das Gras.
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In der Wüste finde, mein Dichter, des Liedes Oase,
lasset, ihr Musen, ihm süß quellen den Brunnen des Munds.
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