Der neurotische Theologiestudent
Nur lesen, lesen, aus Feigheit vor dem Leben,
aus Angst vorm eigenen Geschlecht und vor
den Frauen, ein Flimmern grau auf weißen Seiten,
das in der Träume Schneesturm untergeht.
Und vor dem Kelchblatt eines roten Mundes,
in einer Locke mondbeglänzter Kluft
vom Jenseits der gefallnen Welt zu lallen,
vom Licht, das dunkler ist als Sein und Sagen
und fruchtbar nur verzagten Herzen scheint,
nicht wie die Sonne Satans Totgeburten.
Und sie, sie seufzt, die Knospen ihrer Brust,
sie streben auch ins Licht, sich zu entfalten
wie Blumen, die Nektar einer Bienenschar
gesummter Küsse schenken, er aber mag
das müde Haupt in ihren Schoß nicht neigen,
nur übers Dorngestrüpp der schroffen Schrift.
Verhaßt ist ihm der Freund und muß ihn lieben,
der ihm die Schönheit des erblühten Manns,
des holden Weibs auf Renaissancegemälden,
die Dichtung zeigt, die süßes Leben trank
aus Gaias Brust, aus Traubenblutes goldnen
Gefäßen aber wilden Drang zu Tanz
und blinder Umarmungen taubeträufeltem Flechtwerk.
Er aber fühlt, die nie sein Aug benetzt,
wie Tränen über all die Zeichen rinnen,
um alles, was er je gelesen hat,
in lächelnde Chimären aufzulösen.
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