Rabindranath Tagore, Poems, Gedichte 22–24
22
They who are near to me do not know that you are nearer to me
than they are.
They who speak to me do not know that my heart is full with your
unspoken words.
They who crowd in my path do not know I am walking alone with you.
They who love me do not know that their love brings you to my heart.
Die mir nahe sind, wissen nicht, daß du mir näher
bist als sie.
Die zu mir sprechen, wissen nicht, daß mein Herz erfüllt ist von deinen
unausgesprochenen Worten.
Die sich auf meine Pfade drängen, wissen nicht, daß ich mit dir allein unterwegs bin.
Die mich lieben, wissen nicht, daß ihre Liebe dich zu meinem Herzen führt.
23
Far as I gaze at the depth of Thy immensity
I find no trace there of sorrow or death or separation.
Death assumes its aspect of terror
and sorrow its pain
only when, away from Thee,
I turn my face towards my own dark self.
Thou All Perfect,
everything abides at Thy feet
for all time.
The fear of loss only clings to me
with its ceaseless grief,
but the shame of my penury
and my life’s burden
vanish in a moment
when I feel Thy presence
in the centre of my being.
Sei weit ich auch in die Tiefe Deiner Unendlichkeit blicke,
nirgends finde ich dort die Spur von Leids, von Tod oder Trennung.
Der Tod zeigt sein Schreckgesicht
und das Leid sein Schmerzensantlitz nur,
wenn ich dir abgewandt
meine Augen auf mein dunkles Selbst hefte.
Du vollkommen ganz und gar,
alles weilt zu deinen Füßen
für und für.
Die Angst vor Verlust klammert sich wohl an mich
mit ihrer ewigen Bekümmernis,
doch die Scham vor meiner Dürftigkeit
und die Bürde meines Lebens
sind augenblicks verflogen,
wenn ich Deine Gegenwart
in der Mitte meines Seins empfinde.
24
I ask for an audience from you, my King, in your solitary chamber.
Call me from the crowd.
When your gate was kept open for all I entered your courtyard
with the bustling throng, and in the confusion found you not.
Now when at night they take up their lanterns and go by different
roads to their different homes, allow me to linger here for
a moment, standing at your feet, and hold up my lamp and see your face.
Ich bitte dich, mein König, um eine Audienz in deinem einsamen Gemach.
Ruf mich aus der Menge heraus.
Als dein Tor allen offenstand, betrat ich deinen Hof
mit der wimmelnden Menge und in all dem Gewühl fand ich dich nicht.
Da sie nun in der Nacht ihre Lampen ergreifen und da und dorthin
in ihre Heimatdörfer gehen, erlaube mir, für einen Augenblick hier
zu verweilen, zu deinen Füßen stehend meine Lampe emporzuheben und dein Gesicht anzuschauen.
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